Zu meiner Zeit als Kind, gab es Kinderbücher wie Die Kochjule, Prinzessin Blütenzart, die Lurchi-Hefte und Näpfli das rote Blutkörperchen. Das waren gewissermaßen die Vorläufer des Corporate Storytelling. Es waren kostenlose Werbeartikel von Unternehmen, alle gebunden an eine große Marke. Andere Marken verteilten natürlich auch jede Menge Spielfiguren, Schlüsselanhänger oder T-Shirts – doch lagen mir diese einfach viel weniger am Herzen. In Erinnerung blieben diese Geschichten, gesammelt wie bekannte Comic-Hefte.
Storytelling hat es schon immer gegeben. Es überträgt das Prinzip des Erzählers und der gespannt lauschenden Runde von der Lagerfeuer-Szenerie auf die Medienkanäle, allen voran auf die sozialen.
Dabei ist klar, dass Geschichtenerzählen fürs Marketing von hohem Wert ist. Geschichten sprechen Emotionen an, sie können besser erinnert werden, gerade durch Wiederholung, sie machen auch komplexe Sachverhalte leicht begreiflich. Sie zeigen Menschlichkeit, ermöglichen damit Identifikation, Zugehörigkeitsgefühle und Sympathie. Sie zeigen Werte und können eine ganze Markenwelt kreieren. Über Jahre und verschiedenste Medien hinweg. Gleichsam die Seele strategischen Content Marketings.
Tatsache ist, dass sich Menschen interessanten und emotionalen Geschichten gerne zuwenden. Eine Milliarden schwere Medienindustrie lebt vom Geschichtenerzählen: TV Sender, Kinos, Filmproduktionen, Magazine, Zeitungen. Das können sich Marketer zunutze machen.
Denn es wird immer wichtiger, aus der Vielzahl der Informationen herauszufiltern, welche Informationen relevant für mich sind. Und hier setzen Geschichten an. Storytelling hilft dabei, Informationen zu selektieren, zu verknüpfen und ihnen eine wichtige Bedeutung zu geben.
Storytelling hat es schon immer gegeben, Wissen – und auch komplexer Art – wurde seit Menschengedenken auf diese Weise weitergegeben. Ob die antiken Dramen, die Nibelungensagen oder die Märchen der Gebrüder Grimm. Marketer aller Zeiten haben dies für sich erkannt. Was wissen Sie beispielsweise über die Marken Apple, Disney, Coca Cola, Nike, das diese unverwechselbar macht?
Eine Geschichte mit einem spannenden Titel sticht aus der Flut mittelmäßiger, unrelevanter und langweiliger Informationen hervor. Neurologen wissen, wir gönnen Neuem nur fünf Sekunden. Je emotionsgeladener eine Geschichte ist, desto leichter fällt es uns, unsere Aufmerksamkeit darauf zu richten.
Dabei geht es beim Storytelling nicht darum, Märchen zu erzählen, sondern vielmehr um die journalistische Aufgabe, Aufmerksamkeit zu holen und zu halten. So lässt sich sagen: Geschichten geben Wert, Relevanz und Bedeutung in der Informationsüberflutung.
Storytelling über alle Kanäle, auch die sozialen
Storytelling überträgt das Prinzip des Erzählers und der gespannt lauschenden Runde von der Lagerfeuer-Szenerie auf die Medienkanäle, allen voran auf die sozialen.
Dabei ist Storytelling unabhängig vom Kanal. Sie können eine Corpirate Story im TV, im Radio, per Print, Kundenzeitschrift, im Web und in den sozialen Netzen erzählen.
Etwa drei Viertel aller CMOs weltweit sehen in Content Marketing via Social Media die Zukunft des Marketing und etwa zwei Drittel sprechen speziell dem Storytelling eine wichtigere Rolle zu als PR, Print und Direktmarketing. Doch warum? Weil sich im realen digitalen Leben bereits eine tiefgreifende Veränderung in der Beziehung zwischen Unternehmen und Konsumenten ergeben hat. Über die sozialen Medien haben sich Menschen daran gewöhnt, mit Unternehmen in direktem Kontakt und Austausch zu stehen. Social Media leistet dies – direkt via Smartphone und „social“ in der persönlichen bis privaten Umgebung der eigenen „Freunde“ via Facebook & Co.
4 Thesen zu Storytelling und PR
- PR kann Content, keine Frage. Qualifizierte, redaktionelle Inhalte waren schon immer ein Kompetenz-Schwerpunkt der PR-Branche und diese Kompetenz kann die PR im Rahmen einer Content Marketing Strategie auch voll ausschöpfen.
- So sind relevante Inhalte die neue Währung im semantischen Web. Aber relevante Inhalte sind Informationen, die die Menschen im Internet auch tatsächlich suchen. Nur das, was gesucht wird, kann auch gefunden werden. Nur das, was relevant, nützlich und unterhaltsam ist, wird geklickt, gelikt und geteilt.
Doch für den geneigten PR’ler oder Marketer unter den Lesern sollte klar differenziert werden:
- Storytelling ist nicht PR und ist nicht Content Marketing. Content Marketing ist Interaktiver Dialog, Inbound Marketing, Content Distribution, SEO, Social Media und Influencer Relations. Hier können PR-Agenturen noch was lernen – und aufholen.
- Storytelling ist und war eine PR-Disziplin und sollte es bleiben. Content Marketing und PR können hand-in-hand gehen, aber nicht “aus seiner Hand”.
Wie geht Storytelling in PR und Marketing?
Petra Sammer, langjährige PR-Fachfrau, fasst folgende Gründe zusammen: „Stories sind keine Pressemitteilung. Das Format der Pressmitteilung hat sicher noch seine Berechtigung sachlich zu informieren. Aber parallel [dazu] müssen wir unseren Kunden helfen, ihre Geschichten auf den eigenen Kanälen zu erzählen. Die Aufgabe der PR ist es, in der Öffentlichkeit und unter der relevanten Zielgruppe eine echte, authentische Konversation anzuregen und dafür setzt PR Storytelling im PESO-Mix (Paid, Earned, Shared, Owned) ein. Storytelling hilft, um bei Journalisten und andere Meinungsbildner Aufmerksamkeit zu wecken (“Earned” Media). Storytelling kommt in den eigenen Kanälen, “Owned Media” zur Anwendung, um Earned Media zu unterstützen. Shared und Paid-Media wird ebenso genutzt, um Konversation einzuleiten und anzutreiben.“ (aus Quelle)
Auch die Medienwelt hat sich geändert. Corporate Publishing (www.2c4b.de) war vor allem in ersten Jahrzehnt dieses Jh.s stark. Die Corporate- und Verlags BU von
B´IMPRESS publizierte für starke Marken wie Coca-Cola oder Bitburger.
Dann holte Online auf. So werden „owned media“ immer wichtiger. Sie bieten ganz neue Möglichkeiten für die Kommunikation. Red Bull nimmt sich dieser Herausforderung an und entwickelt sich von einem Getränke-Hersteller zu einem Medienunternehmen.
Corporate Storytelling – die neue PR-Disziplin?
Erfolgreiche Unternehmen haben eine klar definierte Markenidentität um sich eindeutig von anderen Unternehmen zu unterscheiden und sich so zu positionieren.
Im ersten Schritt, dient zur Markenpositionierung das Branding. Ziel ist der Aufbau eines klaren und einzigartigen Bildes der Markenidentität.
Storytelling hilft dabei, Aufmerksamkeit und Relevanz für Ihre Marke zu schaffen und Markenattribute durch die Geschichte in den gewünschten Zusammenhang zu bringen.
Eine gute Geschichte kann die Seele eines Unternehmens, den Kern einer Strategie unterhaltsam und spannend vermitteln. Sie transportiert die Werte, für es steht und lässt den Interessenten und Kunden – wie den Recruiting-Kandidaten wie die eigenen Mitarbeiter (Employer Branding, Karierewege) – eintauchen in eine Welt, wie sie sein kann, wenn er doch schon Kunde oder Angestellter wäre.
Corporate Storytelling innerhalb des Unternehmens
Geschichten helfen auch im Unternehmen. Siehe CSR. Aber auch Employer Branding.
Nicht nur die PR-Leute, auch die Unternehmensleitung (und ggf. die Gesellschafter) sollten sich fragen:
- Was für einen Ruf (vgl. engl. rumor) verbreiten wir? Welche Botschaft vermittelt das Managementteam? Arbeiten wir an der Unternehmenskultur, die wir brauchen?
- Bringt unser derzeitiges Miteinander und gegenwärtige Kultur im Unternehmen die passenden Ergebnisse?
- Passen unsere Unternehmensmeldungen, unsere Börsenstory etc. durch das Informationsgatter und kommt sie an den Gate-Keepern vorbei an die Meinungsführer heran? Zahlt sie auf das Unternehmensprofil ein und bindet sie Key Stakeholders aktiv ein?
Für Corporate Storytelling gibt es gute Beispiele:
- Amanda Palmer’s 1,2 Millionen Dollar Crowdfunding-Coup
- LEGOs heldenhafte Kehrtwende aus dem Tal der Verluste zum Gipfel der Beliebtheit
- Kampf der Titanen – Microsoft IE9 gegen Google Chrome
- VISAs #goinsix
- Hornbach mit seiner Hammer-Idee
- Red Bull mit Stratos
Einen wissenschaftlichen Artikel gibt es u.a. an der Uni Hamburg zu Storytelling.
Mehr zum Thema? Wir freuen uns über Ihre Kommentare.
Bildquelle: (Lurchis Abenteuer, Markenzeichen der Firma Salamander)