Corona-Impfung für Beschäftigte? Beispiele aus Unternehmen.

Viele Unternehmen möchten ihren Mitarbeitern die Impfung im Betrieb anbieten. Doch die Planung ist schwierig. Über die Kostenverteilung wird noch verhandelt. Wir geben Tipps.

Wenn die Impfkampagne in Deutschland endlich Fahrt aufnimmt, sollen Hausärzte und im nächsten Schritt auch Betriebsärzte einbezogen werden. Frühestens Ende Mai, vielleicht auch erst im Juni, dürfte es so weit sein, berichtet Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, von einem Spitzengespräch mit Gesundheitsminister Jens Spahn. Sie weiß, dass insbesondere große Unternehmen sehnsüchtig darauf warten, ihren Mitarbeitern den Zugang zum Corona-Impfschutz zu vereinfachen.

So kündigt zum Beispiel der Hamburger Otto-Konzern an, seinen Beschäftigten ein Impfangebot machen zu wollen. Dieses sei freiwillig und kostenlos. Derzeit prüfe ein Team, „welche medizinischen, prozessualen und strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um Impfungen gegen das Corona-Virus auf dem Betriebsgelände“ anbieten zu können.

Für andere ist es noch zu früh für konkrete Aussagen. Schließlich sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Verabreichung von Covid-19-Vakzinen in Unternehmen noch weitgehend ungeklärt. Auch die Abrechnungsmodalitäten müssen noch verhandelt werden. Wahl-Wachendorf hält es für wahrscheinlich, dass der Impfstoff kostenfrei geliefert wird. Doch wer die Ärzte sowie zur Organisation notwendiges Personal bezahlen wird, ist schwer vorherzusagen.

Bei anderen würde man die Kosten gegebenenfalls selbst übernehmen, sofern sie „für die Corona-Schutzimpfung ähnlich sind wie beim Grippeschutz“. Obwohl der Impfvorgang vergleichbar ist, ist bei Covid-19 von einem deutlich größerem organisatorischen Aufwand auszugehen. Er reicht von der Logistik der teils sehr sensiblen Impfstoffe, der Priorisierung der Mitarbeiter bis zur vorgeschriebenen Dokumentation und der tagesaktuellen Meldung an das RKI oder Gesundheitsamt.

In den meisten Betrieben macht die Corona-Impfung ohnehin erst Sinn, wenn Personen mit „erhöhter Priorität“ an der Reihe sind, die der Stufe 5 der Impfverordnung entsprechen: Sie umfasst Beschäftigte und die über 60-Jährigen.

Was spricht dafür – was dagegen?
Wir sehen bei der Impfung im Unternehmen nur Vorteile: Die Kolleginnen und Kollegen können sich unkompliziert im Betrieb und während der Arbeitszeit impfen lassen. Das macht das Angebot niederschwellig, da es für die Beschäftigten mit weniger Aufwand verbunden ist als über Impfzentren.

Welche Vorbereitungen müssen Sie treffen?
Neben der rechtlichen Grundlage für die Impfung auf dem Betriebsgelände durch Betriebsärzte benötigen Sie natürlich den Impfstoff.

Würden Sie Ihren Beschäftigten einen Anreiz bieten, damit sie sich für die Impfung entscheiden?
Wir setzen in erster Linie auf Aufklärung. Es sollte im Interesse jedes Einzelnen sein, sich selbst und sein Umfeld zu schützen. Wir können uns hier seit Beginn der Pandemie auf alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlassen und sehen momentan keinen Anlass, zusätzliche Anreize zu schaffen.

Würden Sie zusätzlich eine interne Priorisierung einführen – nach Hierarchien oder Abteilungen?
Ja, wir werden nach Ansteckungspotenzial und Risikogruppen klassifizieren. Zusätzlich müssen wir als produzierendes Unternehmen im Hinterkopf behalten, dass es auch durch leichte Impfreaktionen zu Ausfällen kommen kann. Daher wird die interne Priorisierung so gestaltet, dass der Betrieb im Fall des Falles reibungslos weiterlaufen kann.

Gehen Sie davon aus, dass sich Normalität einstellt, wenn die Belegschaft großteils geimpft ist?
Das kann man noch nicht sagen. Auch wenn betriebliche Impfungen anlaufen und die Impfquote generell steigt, rechnen wir in diesem Jahr noch nicht mit einer deutlichen Entspannung. Allerdings könnten wir, wenn es der Gesetzgeber erlaubt, wieder mehr Mitarbeitende aus dem mobilen Arbeiten in den Betrieb holen. Die Arbeit von zu Hause aus ist für viele dauerhaft eine Belastung, die man reduzieren könnte.

Bei Covid ist die Impfung mit deutlich mehr organisatorischem Aufwand verbunden als bei der Grippe. Ist dies im Unternehmen machbar?
Absolut, für uns ist die Planung und Organisation der Impfungen an sich kein großer Aufwand. Durch die Corona-Testungen, die wir bereits seit langer Zeit standardmäßig durchführen und die weiteren von uns getroffenen Schutzmaßnahmen, sind wir hier bereits sehr gut eingespielt und kennen die bürokratischen und organisatorischen Abläufe.

Werden Sie ergänzend oder alternativ Selbsttests für Ihre Beschäftigten zur Verfügung stellen?
Nein, wir werden keine Selbsttests anbieten. Das wäre, als wenn der TÜV pauschal eine neue Plakette schickt mit der Aufgabe, das Fahrzeug selbst zu kontrollieren. Testungen müssen von neutralen und geschulten Personen durchgeführt werden. Wir testen aktuell alle Beschäftigten wöchentlich mit Einzel-PCR-Tests. Anlassbezogen werden zusätzlich auch Schnelltests durchgeführt.

Was muss die Politik vorab leisten, damit Sie die Impf- und Testsituation beschleunigen und Ihre Mitarbeiter noch besser schützen können?
Wichtig wäre die wirtschaftliche Unterstützung für Unternehmen, die selbst testen und damit auch die Region schützen. Wir testen unsere Mitarbeitenden und auch Dienstleister und tragen so zu einer sicheren Arbeits- und Umweltumgebung bei. Momentan bezahlen wir sämtliche Kosten selbst. Mittlerweile haben wir fünf Personen ausschließlich für die Tests eingestellt. Hinzu kommt der interne Corona-Stab, der rund um die Uhr für Mitarbeitende und Behörden ansprechbar ist. Hierbei wäre eine Förderung seitens des Staates hilfreich.

Quelle: https://www.lebensmittelzeitung.net/handel/Impfschutz-fuer-Beschaeftigte-Sehnsucht-nach-dem-schnellen-Piks-151474